Die konstitutionelle Monarchie




In einer erblichen Monarchie existiert der Monarch nicht isoliert: Er ist Teil einer Familie, der sogenannten Dynastie. Diese Familie spielt eine wichtige Rolle für die Kontinuität der Monarchie und bei der Ausübung bestimmter Aufgaben von allgemeinem Interesse.
(Alle auf dieser Seite aufgeführten Artikel beziehen sich auf die Verfassung des Großherzogtums Luxemburg, wie sie am 01.07.2023 in Kraft getreten ist.)

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Neben dem Großherzog selbst können auch andere Mitglieder der Familie dem Staat dienen, auch wenn ihre Rolle eher symbolischer oder gelegentlicher Natur ist.
Die Verfassung (Art. 54) sieht eine Dotation ausschließlich für den Großherzog sowie gegebenenfalls für folgende Personen vor:
- das ehemalige Staatsoberhaupt,
- den Erbgroßherzog,
- den Regenten und
- den Stellvertreter (Lieutenant-Représentant).
Die Thronfolge
Das Amt des Staatsoberhaupts ist erblich (Art. 56) unter den direkten Nachkommen des ersten Großherzogs der Linie Nassau-Weilburg, Adolph, gemäß der Reihenfolge der Primogenitur (erstgeborenes Kind, unabhängig vom Geschlecht) und der Repräsentation (nach der Reihenfolge der Erbfolge). Nur ehelich geborene Kinder haben ein Erbrecht.

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Derzeit ist die Thronfolge durch Prinz Charles gesichert. Sein Bruder, Prinz François, steht an zweiter Stelle. Es ist Tradition in Luxemburg, dass der regierende Großherzog aus freien Stücken den Zeitpunkt seiner Abdankung zugunsten des Nachfolgers wählt.
Ein Blick in die Geschichte der Thronfolge:
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Der Nassauische Familienpakt legt die Erbfolge in direkter männlicher Linie nach dem Primogeniturprinzip fest. Sofern keine männlichen Nachkommen vorhanden sind, fällt die Krone an die älteste Tochter der regierenden Dynastie.
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Auf dem Wiener Kongress wird das Herzogtum Luxemburg in Personalunion mit dem neu gegründeten Vereinigten Königreich der Niederlande unter Wilhelm I., Prinz von Oranien-Nassau, verbunden und zum Großherzogtum erhoben.
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Der Londoner Vertrag beendet die preußisch-französische Luxemburgkrise. Das Großherzogtum wird für immer neutral erklärt, und die Rechte der Nachkommen des Hauses Nassau werden bestätigt.
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Großherzog Wilhelm IV. hat sechs Töchter. Er erlässt ein neues Familienstatut, das es seinen Töchtern erlaubt, den Thron zu erben, falls es keine männlichen Erben gibt. Prinzessin Marie Adelheid wird zur Thronfolgerin erklärt.
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Großherzog Henri führt eine geschlechtsneutrale Primogenitur ein, die die Gleichstellung von Männern und Frauen bei der Thronfolge garantiert.
Der Erbgroßherzog
Sobald der Thronfolger oder die Thronfolgerin das 18. Lebensjahr vollendet, erhält er oder sie den Titel „Erbgroßherzog von Luxemburg“. Der Begriff „Erbe“ bezeichnet einen von Geburt an erworbenen Status, der wesentlich ist, um eines Tages den Thron zu besteigen. Weder dieser Status noch der Titel des Erben machen die betreffende Person zu einem Organ des Staates. Er oder sie gilt nur als zukünftiges Staatsoberhaupt; die Amtsübernahme ist wahrscheinlich, aber nicht garantiert.

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Erst mit der Ernennung zum Stellvertreter (Lieutenant-Représentant) übernimmt der Thronfolger offiziell ein Staatsamt, da er ab diesem Zeitpunkt Aufgaben des Großherzogs wahrnimmt.
In der Praxis übernimmt der Erbgroßherzog jedoch bereits nach Abschluss seiner Ausbildung eine aktive Rolle, indem er den Großherzog bei offiziellen Aufgaben unterstützt. Außerdem war es in den letzten Jahrzehnten üblich, dass sich der Erbgroßherzog beispielsweise an Wirtschaftsmissionen Luxemburgs im Ausland beteiligt und in anderen gesellschaftlich relevanten Bereichen tätig ist. Nach seiner Ernennung zum Erbgroßherzog kann dieser auch vom Großherzog als Mitglied in den Staatsrat berufen werden, was ihm ermöglicht, seine Kenntnisse über die legislativen Abläufe des Staates zu vertiefen.
Die Rolle des Ehepartners

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Unabhängig vom Geschlecht übernimmt der Ehepartner des Großherzogs die gleichen Aufgaben: Er oder sie beteiligt sich an der Erziehung der Kinder sowie an offiziellen und protokollarischen Aufgaben. Darüber hinaus kann sich der Ehepartner auch in karitativen, sozialen oder künstlerischen Projekten engagieren.
Diese Rolle ist oft diskret, trägt jedoch wesentlich zur symbolischen und institutionellen Kontinuität der Monarchie bei.
Das ehemalige Staatsoberhaupt

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Die Eltern des amtierenden Großherzogs behalten in der Praxis weiterhin ihre Titel.
So trug beispielsweise der ehemalige Großherzog Jean seinen Titel auch nach seiner Abdankung weiter. Dabei handelt es sich um eine protokollarische und symbolische Praxis ohne institutionelle Funktion.
Der ehemalige Staatschef kann weiterhin am öffentlichen Leben des Landes teilnehmen und sich in wohltätige oder gesellschaftliche Projekte einbringen - in Abstimmung mit dem amtierenden Großherzog.
Die Vertretung des Großherzogs
Es kann vorkommen, dass das Staatsoberhaupt aus verschiedenen Gründen vertreten werden muss. Zwei unterschiedliche, durch die Verfassung vorgesehene Mechanismen gewährleisten die Kontinuität des Amtes, auch bei vorübergehender oder dauerhafter Verhinderung des Großherzogs:
Die Stellvertretung (Lieutenance)
Da das Amt des Staatsoberhaupts im Großherzogtum Luxemburg erblich ist, kann der Großherzog sich durch ein anderes volljähriges Mitglied der Familie vertreten lassen (Art. 58), das in der Thronfolge vorgesehen ist (Art. 56). Diese Person wird zum „Stellvertreter des Großherzogs“ erkannt und tritt ihr Amt nach Ablegung des Eides vor der Abgeordnetenkammer an.
Die Stellvertretung gilt heute als letzte Vorbereitungsphase des Erbgroßherzogs, bevor er offiziell das Amt des Staatsoberhaupts übernimmt.
Ein Blick in die Geschichte der Stellvertretungen:
In der Geschichte des Großherzogtums gab es sechs Stellvertretungen unterschiedlicher Dauer:
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Prinz Heinrich der Niederlande wird am 5. Februar 1850 von seinem Bruder, König-Großherzog Wilhelm III., ernannt. Die Stellvertretung dauert bis zu seinem Tod 1879.
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Prinz Wilhelm von Nassau wird von seinem Vater, Großherzog Adolph (damals 85 Jahre alt), ernannt. Nach dessen Tod im November wird Prinz Wilhem Großherzog Wilhelm IV.
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Großherzog Wilhelm IV., gesundheitlich angeschlagen, ernennt im März 1908 seine Ehefrau, Großherzogin Maria Anna, zur Stellvertreterin. Im November wird die Stellvertretung durch eine Regentschaft ersetzt.
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Großherzogin Charlotte ernennt im April Prinz Jean zum Stellvertreter. Sie dankt im November 1964 zugunsten von Großherzog Jean ab.
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Prinz Henri wird im März 1998 von Großherzog Jean zum Stellvertreter ernannt. Im Oktober 2000 übernimmt er als Großherzog Henri den Thron.
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Erbgroßherzog Guillaume legt den Eid vor der Abgeordnetenkammer ab und wird Stellvertreter von Großherzog Henri. Es ist das erste Mal, dass der Eid gemäß der Verfassung von Juli 2023 in der Kammer abgelegt wird. Großherzog Henri übergibt den Thron am 3. Oktober 2025 an Großherzog Guillaume.

S.K.H. Erbgroßherzog Jean von Luxemburg verliest seine Rede während seiner offiziellen Vereidigung als Stellvertreter seiner Mutter, I.K.H. Großherzogin Charlotte.
© Fotosammlung / Cour grand-ducale

Vereidigung S.K.H. des Erbgroßherzogs Henri von Luxemburg zum Stellvertreter von Großherzog Jean
© Fotosammlung / Cour grand-ducale / SIP

© Maison du Grand-Duc / Kary Barthelmey
Die Regentschaft
Ein Regent übernimmt das Amt des Großherzogs, wenn dieser dazu nicht mehr in der Lage ist (Art. 59). Der Großherzog behält seinen Titel, übt aber seine Aufgaben nicht mehr aus. Ein anderes volljähriges Familienmitglied, das in der Thronfolge vorgesehen ist (Art. 56), übernimmt dann das Amt ad interim. Auch ein Regent muss vor der Abgeordnetenkammer den Eid ablegen.
Eine Regentschaft ist erforderlich:
- wenn der Nachfolger des Großherzogs bei dessen Tod oder Abdankung minderjährig ist - die Regentschaft dauert dann bis zur Volljährigkeit, oder
- wenn der Großherzog aus gesundheitlichen oder anderen Gründen vorübergehend seine verfassungsmäßigen Aufgaben nicht erfüllen kann.
Ein Blick in die Geschichte der Regentschaften:
Es gab bisher zwei Regenten (mit insgesamt vier Regentschaften) im Großherzogtum:
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Zwei Regentschaften durch Herzog Adolph von Nassau, später Großherzog von Luxemburg, am Ende der Herrschaft von Wilhelm III.
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Zwei Regentschaften durch Großherzogin Maria Anna, Ehefrau von Wilhelm IV. Die erste während seiner Krankheit, bis 1912, die zweite zwischen seinem Tod am 25. Februar 1912 und der Volljährigkeit von Marie Adelheid am 14. Juni 1912.

Vereidigung des Herzogs Adolph von Nassau als Regent
© Fotosammlung / Cour grand-ducale
Zusammenfassung
Die Rolle des Großherzogs ist tief in der Verfassung des Großherzogtums verankert und spiegelt das Gleichgewicht zwischen Tradition und moderner Demokratie wider. Als Staatsoberhaupt verkörpert der Großherzog die nationale Einheit, die Kontinuität des Staates und seine Unabhängigkeit. Seine Aufgaben sind definiert und stets in ein System parlamentarischer Kontrolle eingebettet.
Die konstitutionelle Monarchie Luxemburgs zeigt, wie ein monarchisches Staatsoberhaupt in einem demokratischen Rahmen handeln kann - mit Respekt vor der Gewaltenteilung, politischer Neutralität und in einem gefestigten institutionellen Gefüge.
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