Die Rolle des Großherzogs




Luxemburg ist eine parlamentarische Demokratie in Form einer konstitutionellen Monarchie (Art. 2), und der Großherzog ist das Staatsoberhaupt (Art. 44). Er vertritt den Staat unter dem offiziellen Titel „Großherzog von Luxemburg“. Der Großherzog verfügt ausschließlich über die Befugnisse, die ihm die Verfassung und die Gesetze verleihen.
(Alle auf dieser Seite aufgeführten Artikel beziehen sich auf die Verfassung des Großherzogtums Luxemburg, wie sie am 01.07.2023 in Kraft getreten ist.)

© Maison du Grand-Duc / Kary Barthelmey
Der Titel „Großherzog“, obwohl in der Verfassung im Maskulinum verwendet, ist geschlechtsneutral. Er kann sich daher auch auf eine Frau beziehen, die üblicherweise als „Großherzogin“ bezeichnet wird, wie es bei Marie-Adelheid und Charlotte der Fall war.
Amtsantritt

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Der Großherzog wird Staatsoberhaupt, nachdem er vor der Abgeordnetenkammer den Eid abgelegt hat (Art. 57):
Ich schwöre, die Verfassung und die Gesetze zu achten und meine verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten treu zu erfüllen.
Dieser Eid hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt: Er wurde verkürzt, säkularisiert (die religiöse Formel „So wahr mir Gott helfe!“ ist entfallen) und demokratischer.
Der Großherzog als Symbol der Nation
Der Großherzog nimmt eine zentrale Rolle im institutionellen Gefüge des luxemburgischen Staates ein. In seiner offiziellen Funktion vertritt er den Staat sowohl im Inland als auch im Ausland.

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Seine Rolle bezieht sich auf den Staat und nicht direkt auf die Gesellschaft oder das Volk. Die Teilnahme des Großherzoges an hervorgehobenen Handlungen im Namen des Staates, wie der Verkündung von Gesetzen oder bei offiziellen Zeremonien, unterstreicht, dass diese Handlungen im Namen des Staates erfolgen.
Während die Souveränität in der Nation begründet liegt und von ihr die Staatsgewalt ausgeht (Art. 3), verkörpert der Großherzog die Unabhängigkeit und die Einheit der Nation und damit die Kontinuität des luxemburgischen Staates. Diese integrative Funktion zeigt sich darin, dass der Großherzog in allen drei Gewalten des Staates eine Rolle spielt:
- er verkündet die Gesetze (Legislative),
- er wirkt bei deren Umsetzung mit (Exekutive) und
- Urteile und Gerichtsentscheidungen werden in seinem Namen vollstreckt (Judikative).
Um diese Rolle zu erfüllen, muss der Großherzog politisch neutral bleiben. Er äußert sich nicht zu öffentlichen Debatten und beteiligt sich nicht an politischen Auseinandersetzungen.
Zur Wahrung dieser Neutralität, muss jede Verfügung des Großherzogs in seiner Funktion als Staatsoberhaupt von einem Regierungsmitglied gegengezeichnet werden (Art. 44), welches die Verantwortung dafür übernimmt. Diese ministerielle Verantwortung ist ein Grundprinzip der parlamentarischen Demokratie, in der jeder Hoheitsakt diskutiert, kontrolliert und einem Verantwortlichen zugeordnet werden können muss.
Meistens erfolgt die Gegenzeichnung explizit und schriftlich, sie kann aber auch stillschweigend erfolgen – etwa, wenn ein Minister den Großherzog bei einem offiziellen Anlass begleitet.

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Der ministeriellen Verantwortung steht die politische Unverantwortlichkeit des Großherzogs und die Unantastbarkeit seiner Person gegenüber (Art. 44). Diese Immunität garantiert auch seine institutionelle Unabhängigkeit. Sie bedeutet, dass der Staatschef weder strafrechtlich verfolgt werden kann noch politisch Rechenschaft schuldig ist, was es ihm erlaubt, sein Amt überparteilich und im Sinne der Kontinuität des Staates auszuüben.
Ein weiterer Pfeiler seiner Unabhängigkeit ist die jährliche Dotation, die dem Großherzog gezahlt wird (Art. 54), und ihm die Ausübung seiner Aufgaben unter angemessenen Bedingungen ermöglicht. Höhe und Modalitäten dieser Dotation werden durch ein Gesetz der Abgeordnetenkammer festgelegt.
Die für die Ausübung des Amts des Staatsoberhaupts erforderliche administrative und logistische Unterstützung wird, im Einklang mit dem öffentlichen Interesse, durch die Maison du Grand-Duc (Art. 54) gewährleistet. Diese Institution wurde durch großherzoglichen Erlass vom 9. Oktober 2020 geschaffen.
Die Vorrechte und Aufgaben des Großherzogs als Staatsoberhaupt
In einer konstitutionellen Monarchie wie Luxemburg ist der Monarch das Staatsoberhaupt - hier der Großherzog. Die Artikel 44 bis 55 der Verfassung definieren seine Aufgaben und Befugnisse:

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- Der Großherzog verkündet die Gesetze (Art. 49) innerhalb von drei Monaten nach ihrer Verabschiedung durch die Abgeordnetenkammer. Damit bestätigt er den Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens und veranlasst die Veröffentlichung im Amtsblatt. Das offizielle Datum eines Gesetzes ist das der Verkündung, nicht das der Abstimmung. Die Verkündung ist nicht mit der Veröffentlichung zu verwechseln, die das Gesetz öffentlich bekannt und rechtlich wirksam macht, noch mit seinem Inkrafttreten (sofern nicht anders angegeben, tritt ein Gesetz vier Tage nach Veröffentlichung in Kraft). Vor der Änderung von Artikel 34 der Verfassung im Jahr 2009 hatte der Großherzog auch die Aufgabe der „Sanktionierung“: Er musste dem verabschiedeten Text zustimmen. In einer parlamentarischen Demokratie liegt die Gesetzgebung ausschließlich beim Parlament - das Sanktionsrecht wurde daher abgeschafft.
- Der Großherzog erlässt Verordnungen und Dekrete zur Umsetzung der Gesetze (Art. 45). Er tut dies gemeinsam mit der Regierung. Die Verfassung von 2023 brachte eine Neuerung: Der Großherzog kann nun zusammen mit der Regierung auch Verordnungen zur Umsetzung von EU-Recht erlassen, was die freiwillige Übertragung bestimmter Kompetenzen von der Abgeordnetenkammer auf die EU-Institutionen widerspiegelt.
- Der Großherzog schließt internationale Verträge ab und kann sie kündigen (Art. 46). Die Ratifizierung durch den Großherzog bindet den Staat völkerrechtlich, entfaltet jedoch keine unmittelbare Wirkung im nationalen Recht. Damit ein Vertrag in Luxemburg unmittelbare Geltung erlangt, muss die Abgeordnetenkammer zustimmen.
- Der Großherzog kann vorgezogene Neuwahlen ansetzen (Art. 73), jedoch nur, wenn die Mehrheit der Abgeordneten der Regierung das Vertrauen entzieht oder ein Misstrauensvotum gegen die Regierung verabschiedet. Im Falle eines Rücktritts der Regierung ist die Zustimmung der Abgeordnetenkammer mit absoluter Mehrheit erforderlich, um Neuwahlen auszurufen. Neuwahlen müssen innerhalb von drei Monaten stattfinden.
- Der Großherzog kann in Krisensituationen außergewöhnliche Maßnahmen ergreifen (Art. 48), sofern es sich um eine internationale Krise, um eine reale Bedrohung lebenswichtiger Interessen der Bevölkerung oder um eine unmittelbar bevorstehende Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit handelt. Ist die Abgeordnetenkammer nicht in der Lage, innerhalb angemessener Fristen die erforderlichen Gesetze zu erlassen, kann der Großherzog, gemeinsam mit der Regierung, zeitlich und inhaltlich begrenzte Regelungen in allen Bereichen treffen.
- Der Großherzog ernennt den Premierminister und die anderen Regierungsmitglieder (Art. 88) und entbindet sie auch ihren Aufgaben. Dies geschieht in Abstimmung mit der Regierung.
- Der Großherzog ernennt die öffentlichen Bediensteten (Art. 50) gemäß dem Gesetz, außer in den gesetzlich festgelegten Ausnahmen. In der Praxis ernennt er nur die höchsten Funktionäre; alle weiteren Ernennungen erfolgen durch die zuständigen Minister. Zur Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz ernennt der Großherzog die Mitglieder des Nationalen Justizrats, jedoch nur aus Kandidaten, die durch ein Wahlverfahren bestimmt wurden - es handelt sich also nicht um eine freie Auswahl.

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Der Großherzog trägt den Titel des Oberbefehlshabers der Armee (Art. 53), wobei die Befehlsgewalt unter der Verantwortung der Regierung ausgeübt wird. Er verleiht zivile und militärische Orden, stets unter Gegenzeichnung eines Regierungsmitglieds.
- Urteile und Gerichtsentscheidungen werden im Namen des Großherzogs vollstreckt (Art. 97), die Rechtsprechung bleibt jedoch den Gerichten vorbehalten. Der Großherzog greift nicht in die richterliche Unabhängigkeit ein. Die Justiz wird von Gerichten ausgeübt. Der Großherzog kann Strafen erlassen oder mildern (Art. 51). Dieses Recht gilt nur für in Luxemburg verhängte Strafurteile und schließt disziplinarische, verwaltungsrechtliche und zivilrechtliche Sanktionen aus. Die Begnadigung erfolgt nach Stellungnahme der Begnadigungskommission und muss von einem Regierungsmitglied gegengezeichnet werden. Der Großherzog handelt somit nicht willkürlich, sondern im Rahmen eines gesetzlich kontrollierten und geregelten Verfahrens.
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